Intelligent, fröhlich, aber auch politisch orientiert – so sollte die Überschrift den Charakter der Zeitschrift „Avant Garde“ widerspiegeln. Die ursprüngliche Bedeutung des französischen Wortes beschreibt im eigentlichen Sinne die Vorhut im militärischen Bereich. Später wurde der Begriff auch im künstlerischen und politischen Bereich verwendet und charakterisierte die Vorkämpfer einer bestimmten Idee.
Herb Lubalin und Ralph Ginzberg gaben mit der „Avant Garde“ eine Zeitschrift heraus, die sich vor allem politisch orientierte. Aufgabe für Lubalin als Schriftgestalter war es, ein passendes Logo für diese Zeitschrift zu gestalten. Dies erwies sich jedoch als schwieriger als gedacht. Lubalin mangelte es nicht an Ideen, aber Ralph Ginzberg, der Lektor, lehnte sämtliche Entwürfe, ob handschriftlich anmutend oder auf Hebräisch, ab. Keine dieser Vorlagen würde dem Charakter der Zeitschrift genügend entsprechen. Sich die Kritik zu Herzen nehmend, versuchte sich Lubalin an weiteren Schriftentwicklungen bis sich die aus einer eher ungewöhnlichen Antizipation die ersten Buchstaben des Logos ergaben. Herb Lubalin stellte sich die Fluglinie eines aufsteigenden Flugzeugs vor und entwarf somit die Buchstaben A und V, die sich aufgrund ihrer Schräge wie Puzzleteile ineinander fügen. Die Idee des geometrischen und serifenlosen Schriftzuges war geboren. Um das Logo noch außergewöhnlicher zu gestalten, kreierte Lubalin eine Ligatur von G und A. Dieser Entwurf fand nicht nur bei Ralph Ginzberg großen Anklang. Die Avant Garde bestand bis dahin nur aus acht Buchstaben, wurde aufgrund des positiven Feedbacks jedoch von Lubalin in Kooperation mit Tom Carnese um die restlichen Buchstaben ergänzt. Um der Avant Garde ihren außergewöhnlichen Charakter beizubehalten, wurden weitere stark verschmelzende Ligaturen zwischen unterschiedlichsten Buchstabenpaaren entworfen.
Daraus resultierend wird die Avant Garde auch gerne als extravagant bezeichnet und gehört wohl zu einer der außergewöhnlichsten Schriften. Da ihr Erscheinungsbild ungewöhnlicher ist, als dass der meisten anderen Schriften, findet sich die Avant Garde häufig als Überschrift oder als Auszeichnungsschrift auf etlichen Filmplakaten, wie zum Film „Grace of Monaco“ wieder. Doch auch Musikkünstler wie Adele auf ihrem Album „Set Fire To The Rain“ bedienen sich der Avant Garde. Die Firmen Billboard und Adidas, sowie die TV-Serie „Glee“ nutzen die Avant Garde ebenfalls als Schrift für ihr Logo, verzichten dabei aber auf die ausgefallen Ligaturen. Dadurch kommt der geometrische Charakter, der ebenfalls durch die optisch gleiche Strichstärke unterstützt wird, noch deutlicher zur Geltung, vermittelt dadurch aber auch eine Art Seriosität. Dennoch sollte die Avant Garde, gerade in Kombination mit vielen Ligaturen, sparsam eingesetzt werden, um nicht zu aufdringlich zu wirken.
Die Avant Garde trägt noch einen Zusatz im Namen, vollständig wird sie als ITC Avant Garde bezeichnet. Herb Lubalin gründete zu Lebzeiten (1918 – 1981) zusammen mit Aaron Burns die "International Typeface Corporation", kurz ITC. Ziel der beiden war es, jeder Person Schriften zugänglich zu machen, auch unabhängig vom eingesetzten Satzsystem. Deswegen wurde auch die Avant Garde des US-amerikanischen Schriftgestalters darin aufgenommen. Herb Lubalin gilt deswegen und aufgrund seiner außergewöhnlichen Schriftentwürfe als einer der renommiertesten Schriftgestalter der USA.