“The Art of the Affair” ist ein Buch von Catherine Lacey, mit wunderschönen Illustrationen von Forsyth Harmon. Laceys und Harmons Geschichte über Liebe, Affären und Kunst zeigt die Verbindungen zwischen Künstlern*innen, Schriftstellern*innen, Musiker*innen und anderen Kreativen. Das sind die üblichen Verdächtigen – Picasso, Hemingway, Frida Kahlo, Anaïs Nin, Henry Miller –, aber auch weniger bekannte Personen wie Romaine Brooks, Léonard Tsuguharu Foujita und Beauford Delaney, die Lacey erst bei der Recherche für das Buch entdeckt hat.
Im Großen und Ganzen erscheinen damalige Künstler*innen attraktiver als die heutigen. Vielleicht lag's an Paris. Vielleicht daran, dass früher wohlhabende Leute Künstler und Künstlerinnen unterstützten, und sie freier leben konnten als heute zwischen Spätkapitalismus und Social Media. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Geschichte Drama festhält und überzeichnet und am Ende nicht Leute in Erinnerung bleiben, die ihr Essen fotografieren. Wer weiß, vielleicht wirken die "Kreativen" von heute in der Zukunft so, als hätten sie ebenso spannende Leben geführt wie Simone de Beauvoir oder Orson Welles.
Lacey sagt, sie hoffe, dass Leser*innen "The Art of the Affair" als Einführung in die Verknüpfungen zwischen einzelnen Künstlern, Künstlerinnen und Kunstformen nutzen. Was man erfährt, ist interessant: Greta Garbo und die Dramatikerin Mercedes de Acosta waren bis über beide Ohren ineinander verliebt — gemeinsame Reisen, Rendezvous am Strand, Aktporträts —, doch als Garbo nicht offen als lesbisch auftreten wollte, begann de Acosta eine Affäre mit Marlene Dietrich. Madonna und Jean-Michel Basquiat hatten einen Flirt, doch dieser rutschte in solche Bitterkeit ab, dass Basquiat die Gemälde, die er für Madonna gemalt hatte, zurückverlangte und schwarz überstrich. Der Dichter Robert Lowell starb in einem Taxi auf dem Weg zur Wohnung seiner Ex-Frau, der legendären Literaturkritikerin Elizabeth Hardwick. Dabei umklammerte er ein Lucian-Freud-Porträt seiner dritten Gattin, der britischen Schriftstellerin Lady Caroline Blackwood, die etwa 20 Jahre zuvor mit Freud verheiratet gewesen war.
Ah, die gute, alte Zeit. Wer hat denn heutzutage noch künstlerische Porträts seinen Liebhaberinnen, geschweige denn umklammert diese, während er sein Leben aushaucht? Viele der Geschichten in The Art of the Affair wirken auf den ersten Blick wie Retro-Klatsch aus der Boulevardzeitung, doch über dieses Niveau wachsen sie schnell hinaus. Auch wenn nicht alle Verbindungen und Rivalitäten, die Lacey aufzeichnet, romantischer Art waren, sind es Verbindungen zwischen zwei oder mehreren außergewöhnlich nachdenklichen Menschen.
Für einen Künstler oder eine Künstlerin ist Liebe niemals einfach Biologie, sondern Essenz. "Aus irgendeinem Grund ist es nur Klatsch, während die Person noch lebt", sagt Lacey, "aber sobald jemand tot ist, wird daraus Geschichte. Dadurch können wir ihre Arbeit besser verstehen."
Autorin: Kerstin Zimmermann