Auch wenn es bis zur Frankfurter Buchmesse noch einige Wochen hin sind, so laufen die Vorbereitungen an allen Ecken und Enden bereits auf Hochtouren. Vor allem die Stiftung Buchkunst, die auch in diesem Jahr wieder die »schönsten Bücher Deutschlands« auswählt und auf der Messe präsentiert, hatte in den letzten Wochen alle Hände voll zu tun. Wie in jedem Jahr ermittelt eine fachkundige Jury, bestehend aus Vertretern der Branche, aus den eingegangenen Titeln die bzw. den Gewinner. Beurteilt werden dabei Faktoren wie Gestaltung, Konzeption und Verarbeitung des Buches.
2011 hat die Stiftung Buchkunst zahlreiche Neuerungen eingeführt, die mit dem diesjährigen Wettbewerb erstmal umgesetzt werden. So werden aus den fast 1.000 Einsendungen in zwei Etappen nur noch jeweils fünf Bücher aus fünf Kategorien mit dem Titel »eines der schönsten Bücher Deutschlands« ausgezeichnet. Aus diesen 25 Titeln wird am Ende nur noch ein Buch ausgewählt und mit dem "1. Preis der Stiftung Buchkunst" als »schönstes Buch Deutschlands« prämiert. Die Auszeichnung ist gleichzeitig mit einem Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro verbunden, die vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gestiftet werden.
Prof. Christian Ide aus dem Studiengang »Buch und Medienproduktion« war im Mai zum zweiten Mal Mitglied der Jury und hat damit sowohl den "alten" wie auch den "neuen" Wettbewerb miterlebt. Natürlich haben wir von www.verlagsherstellung.de es uns nicht nehmen lassen, ihn daraufhin in einem kurzen Interview zu befragen.
1. Können sie zum derzeitigen Zeitpunkt und bei den diesjährigen Einreichungen einen gewissen Trend ausmachen?
Trends sind bei der Stiftung Buchkunst schwierig auszumachen, weil jeder Jahrgang von einer anderen Jury bewertet wird. Auffällig finde ich schon seit einigen Jahren den sehr hohen Anspruch an die Typografische Umsetzung stark strukturierter Inhalte, vor allem im Sachbuch und im wissenschaftlichen Buch. Hier findet sich eine sehr ausgefeilte und komplexe Gestaltung, die innovativ, abwechslungsreich und für den Leser sehr gut lesbar, gleichzeitig aber auch ansprechend umgesetzt, die Inhalte aufbereitet. Ein kleines Detail, das uns in der Jury bei einer Abstimmungsrunde aufgefallen ist: Es lagen plötzlich sehr viele weiße und sehr viele schwarze Bücher auf dem Tisch. Das war in der Endrunde nicht mehr ganz so deutlich, aber kräftige Farben sind zurzeit nicht so oft zu sehen.
2. Lässt sich hinsichtlich der großen Aufmerksamkeit hin zum elektronischen Buch ein Rückgang der Innovation oder der Qualität der Einreichungen ausmachen?
Nein, eher Im Gegenteil. Ich glaube, dass die Qualität der Einreichungen bei der Stiftung Buchkunst in den letzten fünf bis zehn Jahren eher noch zugenommen hat. Ich bin auch überzeugt, dass gerade in der Medienkonkurrenz mit e-Books das Buch als sinnliches und haptisches Objekt einen ganz neuen Stellenwert bekommen kann. Ich lese selbst sehr viel auf dem iPad, und genieße es dann ganz besonders, ab und zu ein gut gestaltetes, passend ausgestattetes und hervorragend produziertes Buch in den Händen zu halten. Ich bin auch der Meinung, dass ein solches Buch, das auch als Objekt funktioniert, nicht unbedingt mit aufwändiger Veredelung und einem hohen Preis einhergehen muss. Gerade in diesem Jahr gab es auffällig viele einfache, sehr reduzierte Bücher, die mitunter sogar bessere Chancen hatten als Bücher mit hohem Material- und finanziellem Aufwand, die mitunter eher über das Ziel hinausgeschossen sind.
3. Welche Bedeutung hat eine Auszeichnung zum "schönsten Buch Deutschlands" im Jahre 2012 ihrer Meinung nach?
Hoffentlich eine stark zunehmende! Vor allem durch die Neuausrichtung des Wettbewerbs hin zu jeweils fünf schönsten Büchern in fünf verschiedenen Kategorien kann der Wettbewerb auch im Buchhandel einfacher kommuniziert werden. Außerdem bedeutet diese Konzentration auch mehr Aufmerksamkeit für das einzelne Buch. Ich würde mir sehr wünschen, dass die besonderen Eigenschaften gut gestalteter und produzierter Bücher auch beim Endkunden mehr Aufmerksamkeit bekommen und als Wert erkannt werden, die zur besonderen Aura des Buches beitragen.
Vielen Dank an Prof. Christian Ide für das Gespräch.