„Sie wollen Printobjekte entwerfen und realisieren, die Herzen höherschlagen lassen. Die man nicht mehr aus der Hand legen mag. Die Flüchtig-Digitalem handfeste haptische Argumente entgegensetzen. Sie wollen mit Ihrem Drucker und Buchbinder auf Augenhöhe reden – und schon im Gestaltungsprozess souverän die Belange der Weiterverarbeitung berücksichtigen. Sie wollen, dass Ihre Gestaltungsräume Gestalt annehmen.“
Schon in der Gestaltung eines Printproduktes wird die anschließende Herstellung und Weiterverarbeitung maßgeblich beeinflusst. Um eine Verknüpfung zwischen Design und Weiterverarbeitung herzustellen, die für die meisten Gestalter*innen nur durch langwieriges durchkämmen von unverständlicher Fachliteratur zu erreichen war, setzten es sich die Berliner Grafikdesignerinnen Franziska Morlok und Miriam Waszelewski als Ziel, ein Handbuch für genau diesen Zweck zu entwickeln.
So konzipierten sie mit erfahrenen Buchbindern*innen, Verlagsherstellern*innen und Produktionen eine Art Kompendium der Buchbinderei und Weiterverarbeitung, das eindeutig Gestalter*innen als Zielgruppe ansprechen sollte. Verschiedene Buchbindearten und Buchausstattungen werden vorgestellt, analysiert und dargestellt, ohne aber, dass zu sehr ins Detail gegangen wird. Spezielle Aspekte, wie zum Beispiel der Aufbau der jeweiligen Maschinen, rücken in den Hintergrund – vielmehr wird beleuchtet, welche gestalterischen Aspekte beim Buchbinden berücksichtigt werden müssen.
Durch die berufliche Erfahrung der Autorinnen liegt ein großer Fokus auf der visuellen Gestaltung des Buches, der sich durch die vielen Illustrationen und Fotografien äußert. Neben verständlichen und einfach zusammengefassten Texten kreierten die Autorinnen mit Hilfe eines professionellen Fotografen eine große Menge an Darstellungen, um einzelne Vorgänge, die sonst schwer sichtbar gemacht werden können, zu visualisieren. Hierfür ließen sie zum Beispiel extra spezielle Dummy-Bücher anfertigen, welche komplett ohne Texte, Cover und sonstige Designs gestaltet sind, um sich voll und ganz auf die verschiedenen Herstellungsarten konzentrieren zu können.
Eine Besonderheit stellt das visuelle Inhaltsverzeichnis dar, welches auch Menschen ohne Kenntnis der entsprechenden Fachtermini anspricht. Auch die Bindung des Buches ist etwas ganz Besonderes. So wurden zwei verschiedene Bindearten für den Inhalt verwendet, um das gesamte Thema auch in die Herstellung und die Beschaffenheit des Buches einfließen zu lassen. So ist das Inhaltsverzeichnis als Flatbook gebunden, der restliche Inhalt in einer normalen Fadenbindung.
Das 420-seitige Hardcover vom Verlag Hermann Schmidt ist mit seiner knalligen roten Sonderfarbe, die nicht nur den Inhalt, sondern auch den Schnitt schmückt, sowie dem UV-lackierten Punktraster auf dem Cover nicht nur ein Augenschmaus mit besonderer Haptik, sondern kann auch inhaltlich überzeugen und sollte somit in keinem gestalterischen Bücherregal fehlen.
„Print lebt. Und Print ist mehr als Bogen auf Paletten!“
Vom Blatt zum Blättern, eines der schönsten deutschen Bücher (Stiftung Buchkunst) und ausgezeichnet mit dem „Award for Typographic Excellence“ (TDC of New York) ist online hier (https://typografie.de/produkt/vom-blatt-zum-blaettern/) erhältlich.
Autorin: Jasmin Einert