Reise in die Ukraine
Am 18. April 2010 fuhren wir, sechs zukünftige Verlagshersteller, per Nachtzug über Dresden und Wrocław nach Lviv, in die Ukraine. Diese ungewöhnliche Fahrt kam im Rahmen des Kurses »Projektmanagement« zustande. Unsere Gruppe hatte darin das große Privileg, sich über zwei Semester hinweg im einzigen internationalen Projekt betätigen zu dürfen. So besonders sich die Theorie anhört, so groß war auch die Herausforderung in der Praxis.
Eine deutsch-ukrainische Hochschulkooperation
Die Aufgabe bestand darin, zwei gemeinsame Bücher herzustellen – von der Informationssammlung über das Schreiben von Texten bis hin zum Fotografieren und Setzen des Layouts. Unsere Projektpartner waren die Ukrainische Akademie des Druckes (UAD) in Lviv und die Nationale Technische Universität der Ukraine »Kiewer Polytechnisches Institut« (NTUU »KPI«) in Kiew.
Bilinguales Endprodukt
Von vornherein planten wir unsere Bücher zweisprachig. Dass gerade zwei ukrainische Teilstudenten an der HTWK Leipzig weilten, war für uns ein glücklicher Umstand. Vor allem Oksana Golik investierte sehr viel Zeit in die Übersetzung unserer Texte, die wir in wochenlanger Arbeit verfassten.
Die Reisvorbereitung beginnt
Bis Anfang des Jahres lief der Kontakt zu unseren ukrainischen Partnern über den engagierten Projektinitiator, Professor Frank Roch. Danach kommunizierten wir selbst per E-Mail, die Reisevorbereitungen fingen an und wir freuten uns darauf, den Namen auf Papier auch endlich Gesichter zuordnen zu können. Unsere Bahnfahrt nach Lviv war zwar von einigen Schrecksekunden geprägt, insgesamt aber eine gute Wahl, denn so blieben wir von der Aschewolke des isländischen Vulkans verschont.
Ankunft um 6 Uhr morgens
Halyna Kimak von der UAD nahm uns 6 Uhr morgens in Lviv wärmstens in Empfang. Dort angekommen mussten wir uns um nichts sorgen: Man quartierte uns zentral in einer Jugendherberge ein und brachte uns bis zum darauffolgenden Abend geduldig per Minibus von Ort zu Ort. Da keines unserer Teammitglieder des Ukrainischen mächtig war, half Frau Kimak bereitwillig mit ihren hervorragenden Deutschkenntnissen aus – angefangen von den Teammeetings bis hin zum Treffen mit dem Rektor und dem gemeinsamen Essen.
Der freundliche Empfang ließ die Sprachbarriere in den Hintergrund rücken
Die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der ukrainischen Partner beeindruckten uns sehr. Sowohl die Studierenden als auch die Dozenten bemühten sich stets, uns zu verstehen und auf unsere Wünsche einzugehen. Die eher künstlerische Ausrichtung des Studiums an der UAD imponierte uns, musste aber mit unseren eher deutsch-nüchternen Inhaltsvorlieben kombiniert werden. Wir diskutierten deshalb lange und intensiv, aber auch mit sehr viel Freude, und kamen schließlich zu einem zufriedenstellenden Kompromiss. Trotz all der Arbeit wurden uns auch die kulturellen Schönheiten der noch sehr stark habsburgisch anmutenden Stadt nicht vorenthalten: Nach einem Stadtrundgang, dem Besuch eines Aussichtspunktes und einiger Lokale wurden uns einzelne studentische Arbeiten der UAD vorgestellt, darunter faszinierend kreative Lösungen aus dem Fach Buchgestaltung.
Per Nachtzug nach Kiew
Der Abschied von Lviv fiel uns schwer, doch unser Nachtzug weiter gen Osten fuhr bereits am zweiten Abend. In Leipzigs Partnerstadt Kiew erwarteten uns schon zwei freundliche studentische Mitarbeiter, die sich in den nachfolgenden fünf Tagen ebenfalls um uns kümmerten. Da zu dieser Zeit gerade die von Studenten organisierte Young Printers Conference der NTUU »KPI« stattfand, wurden wir gleich in eine internationale Gruppe eingegliedert. Hier lernten wir eine Unmenge sympathischer junger Leute aus der Ukraine, Weißrussland, Russland und Polen kennen, mit denen wir die Stadt kulturell eroberten (der obligatorische Wodka durfte natürlich nicht fehlen).
Kulinarischen Höhepunkte
Fast etwas überdimensioniert kam uns die »Mutter aller russischen Städte« im Vergleich zu Lviv vor. Die Sophienkathedrale, die nicht zu enden scheinenden tiefen U-Bahn-Schächte, die riesigen Häuserblöcke, wie auch der Platz der Unabhängigkeit – alles hatte etwas Grandioses und Faszinierendes an sich. Darüber hinaus machten wir erste kulinarische Erfahrungen – von Wareniki, den typischen gefüllten Teigtaschen, über die Rote-Beete-Suppe Borschtsch bis hin zum Brottrunk Kwas und heimischen Biersorten.
Präsentation der Ergebnisse
Auch in Kiew gab es intensive Gespräche über den Fortgang unseres Projekts. Da das gemeinsame Buch gleichzeitig die Abschlussarbeit zweier ukrainischer Studenten sein sollte, bekamen wir zusätzlich Gelegenheit, die Projektarbeit in englischer Sprache auf der Konferenz zu präsentieren. Wie im Flug verging eine intensive Woche Osteuropa, ehe wir wohlbehalten in Berlin landeten. Alles in allem waren unsere Fahrt und die Projektarbeit im wahrsten Sinne des Wortes grenzüberschreitend: Wir verließen nicht nur die gewohnte Umgebung, sondern erweiterten unseren Horizont und wuchsen auch ein stückweit über uns hinaus.