Schon seit einigen Jahren machen sich Unsicherheit und Angst in der Printbranche breit. Digitale Medien und das Internet verdrängen herkömmliche Produkte, wie beispielsweise Zeitungen, vom Markt. Dies gilt vordergründig für die heranwachsenden Altersgruppen, die sogenannten „Digital Natives“. Nichtsdestoweniger hat das Medium Buch für diese keineswegs an Bedeutung verloren und muss sich daher auch für zukünftige Generationen stets an Fortschritt und Entwicklung adaptieren.
Laut einer Studie aus dem Jahr 2012, initiiert von der Stiftung Lesen, der Zeitung „Die Zeit“ und der Deutschen Bahn, böten digitale Medien ein hohes Potential, Kindern das Vorlesen abwechslungsreicher und attraktiver zu gestalten. Hierbei gaben 90 Prozent der befragten 500 Eltern mit mindestens einem Kind im Alter von zwei bis acht Jahren an, Bilder- und Kinderbuch-Apps für Tablets, Smartphones oder E-Book-Reader als sinnvolle Ergänzung zu herkömmlichen Büchern zu nutzen. Dies gelte laut Bahnchef Rüdiger Grube „vor allem für die Bahnfahrt oder das Wartezimmer“.
Zahlreiche Verlage haben es sich daher zur Aufgabe gemacht, Bücher für Kinder digital aufzubereiten und attraktiv zu gestalten. Dies werden beispielsweise Klassiker wie „Die Bremer Stadtmusikanten“ oder „Pettersson und Findus“ zusätzlich zur Printversion als eine neue digitale Ausgabe angeboten. Dabei werden die Bilder aus den gedruckten Büchern für E-Reader animiert und zusätzlich mit Klängen umrahmt. Ebenfalls enthalten diese E-Books zusätzlich eine Hörbuchfunktion, durch die die Werke vom Ausgabegerät vorgelesen werden können. Ein großer Vorteil von elektronischen Büchern dieser Art ist, dass sie vorgelesen lassen werden können, wobei durch Geräusche und gezielte Animationen Zusammenhänge für ein Kind besser verständlich gemacht werden.
Einen weiteren Schritt gehen App-Hersteller, die auf die Produktion und Gestaltung neuartiger Bücher in Form von Apps spezialisiert sind. So entstehen illustriert sprechende Kinderbücher mit interaktiven Elementen. Neben dem Interagieren durch Bewegung von Gegenständen, wird es den Kindern ebenfalls teilweise ermöglicht, in andere Sprachen hinein zuhören und eventuell Gefallen an solchen zu finden. Sobald das Buch zu Ende gelesen ist, kann sich jederzeit und bequem online um Nachschub bemüht werden.
Ein großer Vorteil dieser multidimensionalen Medien ist vor allem der des Animierens zum Lesen. Kinder sind dem oft eher abgeneigt. Dieses Merkmal kann vor allem dann hilfreich sein, wenn es darum geht, erst einmal das Lesen zu lernen. Schon in frühen Jahren werden die Grundsteine für spätere Verhaltensweisen und Motivationen gelegt und sollten daher stets durch positive Impulse geprägt sein.
Diese „digitale Literaturvermittlung“ steht bei weiteren Akteuren im Vordergrund. Diese Portale stellen Inhalte zur Leseförderung und Wissensvermittlung für Schulen und andere Bildungseinrichtungen zur Verfügung. Dabei konzentrieren sie sich auf die pädagogische Aufbereitung von populären erzählenden Bilder- und Kinderbüchern. Dies wird vordergründig mit den sogenannten „Boardstories“ erzielt. Hierbei werden bebilderte Kinderbücher für den Einsatz im Klassenzimmer digital aufbereitet und mittels interaktiver Whiteboards oder Beamern eingesetzt. Auf diese Weise können Lehrinhalte multimedial und zum Teil auch multilingual aufbereitet und mit Lernspielen, Verständnisfragen und interaktivem Unterrichtsmaterial angereichert werden.
Der Anblick von Kindern, die schon in jungen Jahren mit Herzenslust auf Tablets, Smartphones & Co spielen, kann Sorgen um die Zukunft des Buches bereiten. Doch hier, wie auch in anderen Branchen, gilt es, mit Innovationsgeist und Anpassungsvermögen zukunftsgerichtet zu agieren. Fakt ist, dass viele Kinder und Jugendliche sich stark zu digitalen, farbigen und interaktiven Medien hingezogen fühlen. Daher ist es wichtig den jungen Generationen das Lesen als eine attraktive Alternative zu Computerspielen zu bieten. Vor diesem Hintergrund haben sich auch einschlägige Verlage aus Deutschland Computerspielentwickler ins Boot geholt, mit dem Ziel, Bücher attraktiver zu gestalten. Dabei entstand zum Beispiel die Software „Tiger Create“, mit der es möglich ist, günstig und schnell bebilderte Bücher zu animieren und für diverse Plattformen zu erstellen. Obendrein gibt es die App „Tiger Books“, welche es Kindern erlaubt, gute und sichere Inhalte zu finden um sich selbst eine Art digitales Bücherregal zu erstellen. Auf „Tiger Books“ finden sich über 2.000 interaktive Bücher, E-Books und Hörbücher von nahezu allen Kinderbuchverlagen aus Deutschland für Kinder zwischen zwei bis zehn Jahren. Unter den Titeln befinden sich Geschichten mit bekannten Charakteren wie „Bibi & Tina“, „die Olchis“ und „Pettersson & Findus“. Jedes dieser Bücher enthält, wie auch bei den oben genannten, eine integrierte Vorlesefunktion und Audiorekorder. Mit inbegriffen sind auch Sounds & Animationen, Mini-Spiele, Sprachauswahl sowie Word-Highlighting. So wird das Buch durch Memo-Spiele, Puzzles oder Malbuchfunktionen zum ganz besonderen Lese-Erlebnis. Ein weiteres Feature ist die Möglichkeit für Eltern, Kinderprofile anlegen zu können, bei denen sie bestimmte Medien für ihre Kinder freigeben können. Dabei wird im Kinder-Modus auf Kaufanreize, Werbung und In-App Käufe verzichtet.
Was für so manchen Drucker eher nach Hiobsbotschaften aussieht, könnte für die kommenden Hersteller Lust auf die Zukunft machen. Neben dem klassisch gebundenen Buch wird es immer mehr auch digitale Ausgabeformen geben, wobei es zu hinterfragen bleibt, ob diese für eine Konkurrenz gegenüber der Printform stehen oder doch nur eine Ergänzung darstellen. Und so gilt damals wie auch heute: „Eine Klage über die Schärfe des Wettbewerbes ist in Wirklichkeit nur eine Klage über den Mangel an Einfällen“. (Walther Rathenau)