Die über viele Jahre für die Anwendung auf Druckprodukten entwickelten Veredelungstechniken, auf welche immer mehr Verlage oder Werbefirmen zurückgreifen, bieten nicht nur einen umfangreichen Schutz vor Umwelteinflüssen, sondern bringen auch eine optische und haptische Veränderung der Produktbestandteile mit sich.
Bevor sich ein Unternehmen für ein veredeltes Produkt entscheidet, werden alle Einsatzgebiete des Produktes genau analysiert. Denn Veredelungen können sowohl einen erheblichen Einfluss auf die Lebensdauer eines Druckproduktes nehmen, als auch den potentiellen Käufer in seinem Kaufwillen bestärken. Zudem besteht die Möglichkeit mehrere Veredelungstechniken auf einem Produkt zu vereinen, um besondere Produktdetails oder Neuerungen hervorzuheben.
Mit Hilfe von verschiedensten Lackier-und Folientransfertechniken, Prägungen, Stanzungen und Folienkaschierungen werden die Produktveredelungen realisiert. Mittlerweile gehören veredelte Produkte zu unserem täglichen Leben dazu, ohne dass es uns wirklich bewusst ist.
Schon am frühen Morgen, wenn man sich die Cornflakes direkt aus der Verpackung heraus in seine Schale füllt, stellt man fest, dass der Karton eine besondere Haptik aufweist. Die einzelnen Buchstaben des Produktnamens scheinen entgegenzuspringen und wenn man mit dem Finger darüber streicht, nimmt man einzelne, erhabene Buchstaben wahr. Schaut man in das Innere der Verpackung, stellt man fest, dass sich der Karton an diesen Stellen auch nach außen wölbt. Das alles sind klare Indizien für eine positive Produktprägung. (Bei einer negativen Prägung wäre die Wölbung nach innen gerichtet). Die Prägung ist die älteste Veredelungstechnik, welche bis in die Zeit der Spätantike zurückverfolgt werden kann. Der Kodex II von Nag Hammadi zählt dabei zu den frühesten bekannten Exemplaren, welche eine Blindprägung, auch als Blinddruck bekannt, aufweisen. Mittels Prägestempel (Patrize), der das zu prägende Motiv abgezeichnet und dem zugehörigen negativen Gegenstück (Matrize) wird das Motiv unter der Verwendung eines hohen Druckes in die Produktoberfläche geprägt. Neben der Blindprägung existieren auch die Planprägung, Reliefprägung, Strukturprägung oder das Microembossing, auch als Heißfolienprägung bekannt. Die verschiedenen Prägetechniken werden heute vor allem auf Buchcovern, Faltschachteln oder Grußkarten angewandt. Das Zusammenspiel von Licht und Schatten auf der Produktoberfläche und die dreidimensionale Oberflächenverformung, aus der eine einzigartige Haptik hervorgeht, tragen zu einer hohen Anwendungsvielfalt auf heutige Printerzeugnisse bei.
Erst beim Abspülen der mittlerweile leeren Müslischale bemerkt man, dass man das Spülmittel tatsächlich käuflich erworben hat, welches am Tag des Einkaufs mit ausgefallenen Flyern angepriesen wurde. Das Produkt war mit einer besonders glänzenden und äußerst glatten Oberfläche mittig auf dem Flyer platziert. Zudem konnte man durch schnelles, mehrmaliges Reiben der Oberfläche einen herrlichen Apfelduft erzeugen. Gleich daneben war in glänzender Schrift zu lesen: „Limited Edition- jetzt mit der Kraft des grünen Apfels.“
Die verschiedenen eingesetzten Lackiertechniken haben den Käufer schließlich dazu gebracht dieses Produkt zu kaufen und zu testen. Beim Werben neuer Produkte ist die Lackierung eine der am häufigsten verwendeten Veredelungstechniken. Mittlerweile existiert eine große Vielfalt an Lacken, wie zum Beispiel Mattlacke, Duftlacke, Relieflacke, Struktur-und Öldrucklacke, welche man entweder vollflächig oder partiell (auch bekannt als Spotlackierung) auf das Produkt aufbringen kann. Auf diese Weise lässt sich außerdem die Attraktivität von Buchcovern, Magazinen oder anderen Produktankündigungen steigern.
Bei der Umsetzung von Produktankündigungen kommt darüber hinaus sehr häufig das Stanzen zum Einsatz. Beim Stanzen, welches in der industriellen Produktion mit einer vorgefertigten Stanzform realisiert wird, trennt man vordefinierte Konturen vollständig oder teilweise aus dem Zwischenprodukt heraus. Als Zwischenprodukt bezeichnet man die Teile eines Endproduktes, welche in weiteren Fertigungsprozessen zusammengefügt werden, bzw. durch weitere Fertigungsprozesse zum Endprodukt vervollständigt werden. Oftmals werden gestanzte Produkte, die mit Fensterstanzung ausgestattet werden, mit Produktproben oder Materialwechsel innerhalb eines Produktes verbunden. Damit können die positiven Eigenschaften oder Vorteile des neuen Produkts oder Materials allmählich aufgedeckt und die Neugier auf die Innovation gesteigert werden. Der Vorteil der Fensterstanzung besteht darin, dass beispielsweise die darunterliegende Seite eines Produktes zum Vorschein kommt und man durch Fühlen, Riechen und Sehen erste Eindrücke von diesem Produkt erhalten kann, ohne weitere Details vorher zu kennen. Der Stanzprozess findet in der industriellen Produktion nach dem Druckprozess statt. Im Hinblick auf die Buchproduktion gliedert sich der Stanzprozess zwischen den Druckprozess und der Buchmontage, bei der der Buchblock und die Buchdecke miteinander verbunden werden.
Auf die Folienkaschierung wird zurückgegriffen, wenn vor allem die Lebensdauer eines Produktes gesteigert werden soll. Hierbei wird eine meist nur wenige Mikrometer dünne Folie unter der Verwendung eines speziellen Klebstoffes aufgebracht. Matt-, Glanz, Struktur-oder Forchheimfolien sind hierbei nur einige Beispiele. Man findet kaschierte Oberflächen beispielsweise auf den Serviceheften von Kraftfahrzeugen, denn so können die wichtigen Informationen für Autokäufer vor den öligen oder schmutzigen Händen der Werkstattmitarbeiter geschützt werden. Die Kaschierfolie schützt das Produkt zudem vor Flecken, Witterungsbedingungen (massive Sonneneinstrahlung oder Feuchtigkeit) oder Abnutzung.
Der Folientransfer bietet infolge der ausgefeilten Folienherstellungstechniken ein weitreichendes Spektrum an Veredelungseffekten und haptischen Erlebnissen für den Kunden, wie zum Beispiel Perlglanzeffekte, Flächen und Formen, die auf den Folienoberflächen bereits im Vorfeld integriert worden sind. Neben Metallglanzeffekten, die mit Druckfarben kaum umsetzbar sind, kann man sein Produkt mit Hilfe von Hologrammfolien vor Nachahmungsversuchen schützen. Dies erweist sich vor allem bei marktführenden und namenhaften Produkten, aber auch bei Wertpapieren und Geldscheinen als sehr hilfreich, da man bestimmte Farbgebungen durch das Patentrechtes schützen lassen kann und daher so geschützten Materialien nur von zertifizerten Unternehmen verwendet werden dürfen. Jeder Nachahmungsversuch, der unter das Patentrecht fällt, kann somit strafrechtlich verfolgt und im weiteren Verlauf diesem Einhalt geboten werden.
Hinzukommend bieten die Veredelungstechniken den Verlagen die Möglichkeit einzelne Exemplare sowohl im Erscheinungsbild, als auch in ihrer Haptik extravagant umzusetzen und den Widererkennungswert zu steigern. Ergänzend dazu lässt sich die Zugehörigkeit einzelner Exemplare zu diversen Buchreihen optisch unterstützen und damit ein Sammlungscharakter erzielen. Außerdem greifen neben Verlagen auch Firmen aus unterschiedlichsten Branchen auf die Veredelungstechniken zurück, um das Firmenimage über die Produkte oder angeworbenen Dienstleistungen positiv zu beeinflussen, oder dieses am Markt repräsentativ vertreten zu können.
Die Problematik bei der Wahl der Veredelungstechnik besteht darin, aus einer Vielzahl von Möglichkeiten zu erkennen, welche davon dem Anwendungszweck der einzelnen Produkte entsprechen und gegebenenfalls die Produkteigenschaften verbessern können. Erwartungsgemäß sind Produktoptimierungen immer mit Mehrkosten verbunden, deshalb sollte bei dieser Entscheidung immer auch ein Blick auf die Produktkosten fallen.
Um am Markt weiterhin konkurrenzfähig zu sein, nutzen mittlerweile sehr viele Druckereien den Service der Druckmaschinenhersteller und konfigurieren sich individuelle Maschinen. Diese individuelle Konfiguration reicht von speziellen Trocknungsaggregaten über kurvengesteuerte Schlittenaggregate bis hin zu Veredelungsaggregaten und kompakten, sowie miteinander gekoppelten Maschinen, die eine Inline-Fertigung ermöglichen. Bei der Inline-Fertigung findet der überwiegende Teil an Fertigungsprozessen eines Produktes innerhalb einer Maschine statt. Damit können Zwischenlagerungskosten oder Platzkosten für mehrere unterschiedliche Maschinen eingespart werden.
Zudem kommt es immer häufiger vor, dass von den Druckereien Hybridmaschinen bestellt werden. Eine Hybrid-Druckmaschine zeichnet sich dadurch aus, dass diese in zwei unterschiedlichen Druckverfahren produzieren kann.
Ein Druckprodukt, welches in zwei unterschiedlichen Druckverfahren produziert wird, besitzt am Ende des Fertigungsprozesses eine sehr interessante Haptik und ein sehr ansprechendes, visuelles Erscheinungsbild. Des Öfteren greifen Etikettenhersteller auf die Kombination zweier Druckverfahren zurück.
Mittels Siebdruckverfahren können beispielsweise höhere Farbschichtdicken übertragen werden und somit einzelne Markennamen, wie zum Beispiel Desperados, besonders hervorgehoben werden. In Verbindung mit dem Tiefdruck- oder Flachdruckverfahren, welche mit der bloßen Hand kaum spürbare Schichtdicken übertragen, kommt es zu einem sehr faszinierenden Relief auf der Oberfläche des Druckproduktes, welches auch als Veredelung verstanden werden kann.
Da die Entwicklung der Maschinentechnik und die Innovationsfreude der Buchhersteller auch in Zukunft nicht ruhen werden, können wir uns schon bald über neue, innovative und auch dienliche Bücher und Printerzeugnisse freuen.