„Kuba gleicht einem lachenden Krokodil im Antillenmeer“, schrieb der Dichter Nicolás Guillén. Die größte der karibischen Insel am Golf von Mexiko hat eine Alphabetisierungsrate von 99.8 %. Das ist wohl auch die Erklärung für den enormen Lesehunger der Kubaner, welcher so groß ist, wie nirgendwo in Lateinamerika und der Karibik. Leider können die Inselbewohner diesen nur durch erhebliche Umwege und nicht immer auf legale Weise stillen, da sowohl die politischen Umstände als auch der allgemeine Mangel ihnen Steine in den Weg legen. Auch die Recherche vieler Daten zum kubanischen Buchmarkt ist nicht leicht.
Größe/Volumen
- Einwohnerzahl: ca. 11,24 Mio.
- BIP pro Kopf: 7.020 US$ (2013)
- Anzahl der Verlage: 170
- Buchhandel: Es gibt ca. 360 Buchläden und weitere private Buchhändler, die ältere Bücher verkaufen. Außerdem gibt es viele Buchmärkte auf den Straßen die neue und alte, spanischsprachige und nicht spanischsprachige Bücher anbieten.
Entwicklung/Trends
- Entwicklungen des Buchmarktes: 2008 wurde Raúl Castro Staatspräsident und es gab unter Barack Obama 2014 erste Annäherungen zwischen Kuba und den USA. Nachdem die karibische Insel von der Liste der Terrorstaaten entfernt wurde, nahmen beide Staaten im Juli 2015 offiziell diplomatische Beziehungen auf. So wurde das Embargo schrittweise gelockert und von vielen Seiten wurden Stimmen laut, es vollständig aufzuheben. Um die Beziehungen zu stärken, reiste nicht nur Obama im März 2016 – als erster US-Präsident nach 88 Jahren – nach Kuba, sondern auch eine Delegation von rund 40 Repräsentativen amerikanischer Verleger, die sich im Februar mit ihren Kollegen auf der Messe in Havanna trafen. Beide Seiten diskutierten über mögliche Zusammenarbeit.
- Trends und Aktuelles: Die Buchtitelauswahl zeigt, dass sich etwas bewegt. Zum Beispiel wurde Orwells Klassiker „1984“ auf der Buchmesse in Havanna 2016 wieder der Öffentlichkeit angeboten, nachdem das Buch in den Sechzigern vom kubanischem Buchmarkt verschwunden war. Hieran sieht man, dass die Freiräume größer werden.
- Umsatz des Buchmarktes: Das Kinderbuch ist in Kuba das beliebteste Genre in Bezug auf die Leserzahlen. Die Spitzenauflagen von Büchern generell werden auf 50.000 Exemplare geschätzt, wobei eine durchschnittliche Auflage 1.000 – 3.000 Exemplare beträgt.
- Kapazitäten und Potentiale: US-Amerikanische Verleger sandten im März 2016 eine Petition an das Weiße Haus, um besser auf dem kubanischen Markt Fuß fassen zu können. Der Grund dafür: sie wollen die Möglichkeit ergreifen, ihre Bücher auf einen Markt zu bringen, der eine Alphabetisierungsrate von annähernd 100% hat und Kunden, die unbedingt lesen wollen.
Produkte
- Printbücher vs. E-Books: Aufgrund der Isolation wäre die Möglichkeit eines Ebook-Marktes enorm wichtig, um auch kubanische Autoren auf internationale Märkte zu bringen. Das Embargo verbietet die Einreise nach Amerika mit in Kuba gefertigten Büchern. Werden Amerikaner mit einem kubanischen Buch in den USA angetroffen, werden sie bestraft und das Buch konfisziert. Aber man kann an den 70% der Bevölkerung, welche digital liest, erkennen, dass auch hier das Interesse sehr groß ist.
- Besonderheiten: Kubanische Schriftsteller haben es nicht leicht. In den Neunzigern erlaubte man ihnen, sich selbstständig Verlage im Ausland zu suchen. Diese bezahlen den Autoren etwa 250 Dollar für die Rechte an einem Buch. Das ist ein Hungerlohn, aber andernfalls würde es wohl schon längst keine Autoren mehr auf Kuba geben. Die Schulbücher werden von Regierungsstellen verfasst und bearbeitet.
- Spezielle Vereine/Verlagsverbünde/...: Drei Monate nach der Revolution 1959 wurden drei wichtige Institute gegründet: the National Printers of Cuba, die Cuban School of Graphic Arts und die School of Typography, deren Auftrag es ist, allgemein zugängliche und erschwingliche Bücher zu produzieren. Die Cuban Chamber of Books und das Cuban Book Institute organisieren die Havana International Book Fair, welche einer der fünftwichtigsten spanischsprachigen Messen ist.
- Buchpreisbindung und Co.: Grundsätzlich ist vorauszustellen, dass es in Kuba zwei Währungen gibt: CUP (Kubanische Pesos, die Kubaner als Lohn erhalten) und CUC (Cuban Peso Convertible, also ein in z.B. Dollar und Euro umtauschbarer Peso). Wissenschaftler oder Uniprofessoren in Havanna verdienen monatlich 400-500 CUP, was etwa 20 CUC und damit ca. 20 Euro entspricht. Rentner müssen mit ca. 100 Pesos / 5 Euro auskommen und Lehrer oder Facharbeiter haben einen Lohn von etwa 200-300 Pesos /10-15 Euro. Ein Buch eines ausländischen Verlages mit einem Preis von umgerechnet rund 20-25 Euro, also einem Monatsgehalt, ist daher für die meisten Leser unerschwinglich. Aber auch der Preis kubanischer Büchern ist im Vergleich zum Monatseinkommen eines Otto-Normal-Kubaners hoch und gleichzeitig zu niedrig für die kubanischen Hersteller. Der Preis von etwa 15-20 Pesos (ca. 0,70 €) genügt nicht, um die Kosten der Produktion zu decken, weshalb die Verlage auf die staatliche Subvention angewiesen sind, die jedoch auch immer weiter zurückgeht. Für die hohen Preise ist der Mangel an allem verantwortlich, was man für die Buchherstellung benötigt (Papier, Farben, etc.). Die Nachfrage nach gedruckten Büchern kann nicht befriedigt und nur niedrige Auflagen produziert werden.
Nutzer/Kunden
- Die Buchmesse: Die seit 1982 stattfindende Buchmesse in Havanna spiegelt auch die Begeisterung für das Buch wider. Sie wird seit 2000 nicht mehr im Zweijahresrhythmus, sondern jährlich im Februar/März auf der Festung San Carlos de La Cabaña in Havanna veranstaltet. Dieses, unter der Losung „Leer es crecer“ – „Lesen heißt wachsen“, begangene volksfestartige Ereignis ist nicht nur Treffpunkt für 200 nationale und internationale Autoren und Publizisten aus rund 37 Ländern, sondern gehört auch zu den literarisch-kulturellen Höhepunkten des Landes, bei dem jeder willkommen ist. Pro Tag begrüßen die Aussteller rund 50.000 Besucher auf der Buchmesse Havanna. 2002 wurde die Buchmesse in Havanna – welche bis dahin nur zwei Wochen an einem Ort stattfand – auf 30 Städte in ganz Kuba für die Zeit von Anfang Februar bis Mitte März erweitert.
- Die Bibliotheken: An den Zahlen sieht man, dass die Bibliotheken eine enorme Rolle spielen. Es gibt 300 Bibliotheken auf der Insel und weitere 10 000 Schulbibliotheken, was sowohl die enorme Nachfrage als auch den Mangel wiederspiegelt.