Happy Birthday I(w)an!
Am 2. April 2002 wäre Jan Tschichold, einer der wichtigsten Typografen und Buchgestalter des 20. Jahrhunderts, 100 Jahre alt geworden. Dieser runde Geburtstag sollte in seiner Geburtsstadt Leipzig nicht ohne Aktivitäten verstreichen.
Bewerbungen als Buchgestalter
Die Studenten des Studiengangs Verlagsherstellung, Matrikel 98, bewarben sich im Zuge einer Projektarbeit als »heutiger« Tschichold bei renommierten Verlagen in ganz Deutschland als Buchgestalter. Die Reaktionen waren gespalten: von irritierten Anrufen – »…lebt der denn noch?« – bis hin zu begeisterten Rückfragen, ob man ein Buch von Herrn Tschichold gestaltet bekommen könne.
CD-Rom, Webseite und verschiedene Drucksachen
Als nächster Schritt wurde eine Ausstellung zur Leipziger Buchmesse 2002 geplant. Studenten der VH 99 entwickelten dazu eine Multimedia-CD-ROM, verschiedene Plakate, eine kleine Postkartenserie und Werbeflyer. Zur Abrundung wurde unter www.tschichold.net eine umfangreiche und informative Website konzipiert, gestaltet und programmiert.
Außerhalb – Breda und Braunschweig
An der Kunsthochschule St. Joost in Breda (Niederlande) entstand unter Leitung von Prof. David Quay ein Video, das die typografischen Thesen von Tschichold per Computertechnik animierte. Die Studierenden der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig gestalteten unter Leitung von Prof. Ulrike Stoltz Postkarten, Plakate und ein Hörbuch.
Diplomarbeit
Als Diplomarbeit hatte Thorsten Kirchhoff die reizvolle Aufgabe, den Ausstellungskatalog »Happy Birthday I(w)an! Jan Tschichold wird 100.« zu gestalten, zu schreiben und technisch umzusetzen. Neben Informationen über Jan Tschichold finden sich dort alle Arbeiten der Studenten aus drei Hochschulen und ergänzende Textbeiträge prominenter Gestalter über den Typografen. Der Katalog erschien parallel zur Hochschulausgabe im Verlag H. Schmidt in Mainz und war schon nach nur 3 Monaten vergriffen.
Leipziger Buchmesse
Aus Holzpaletten, roten Teppichen und bunten iMacs entstand eine Ausstellungsatmosphäre ganz im Sinne von Tschichold: einfach im Aufbau und sparsam in den Mitteln. Neben den Ausstellungsdrucksachen wurde der Film aus Breda gezeigt – Webseite und CD-ROM konnten auf den Rechnern ausprobiert werden. Zusätzlich gab es einen Verkaufsstand, wo Katalog, Hörspiel, CD-ROM und Postkarten erworben werden konnten.
Presse
Für die Studierenden dreier Hochschulen, im holländischen Breda, in Braunschweig und Leipzig war Tschichold ein Semester lang Studienprojekt, Reibungsfläche und Inspirationsquelle. Entstanden ist eine multimediale Hommage der Schüler zum Geburtstag des Meisters. […] Unter Tschicholds Namen bemühte man sich in einer Akquiseaktion postum bei Verlagen um Aufträge, wobei die entworfenen Briefbogen vom Ideenreichtum der neuen Generation zeugen. Ein konservativ gestaltetes Türschild informiert über die Sprechstunden des »praeceptor typographiae«. Asiatische Druck- und Kalligraphiestudien spielen ebenso wie das Plakat »konfuzjanismus« aus einer Serie mit witzigen Sprachspielereien auf Tschicholds Affinität zur fernöstlichen Kunst an. Das vertraute Titelblatt von »Erfreuliche Drucksachen durch gute Typographie« blickt dem Kenner auf den zweiten Blick als Titel eines anderen Werkes entgegen – man hat sich von der Optik unmerklich täuschen lassen. Postkarten und Plakate, ein Hörbuch, ein Video und nicht zuletzt der Begleitkatalog samt CD-ROM zeigen die lebhafte Auseinandersetzung der jungen Gestalter mit Tschicholds Schaffen.
(Frankfurter Rundschau 12.04.2002)
Projektbeteiligte
Thorsten Kirchhoff, Studenten der HTWK Leipzig, HBK Braunschweig und Kunsthochschule St. Joost
Projektbetreuung
Prof. Christian Ide