Praktikum bei Crest in Indien
Höflich, geduldig, beharrlich – mein Praktikum in Indien
Meine Erwartungen an das bevorstehende Praxissemester waren hoch. Es sollte eine Stelle in der Herstellung eines größeren Verlages sein, dessen Buchprogramm im Bereich Lehr- und Fachbuch künstlerischer oder wissenschaftlicher Literatur angesiedelt ist und der idealerweise über Standorte im Ausland verfügt. Der Springer Verlag bietet dem Branchennachwuchs mit dem Cross-Cultural Internship die außergewöhnliche Möglichkeit in dem Tochterunternehmen Crest Premedia Solutions ein sechsmonatiges Praktikum in Indien zu absolvieren. Für mich stand schnell fest, dass ich daran teilnehmen wollte.
Eine Idee von Indien
Mit einer Bevölkerung von ca. 1,2 Milliarden Menschen ist Indien nach China die bevölkerungsreichste Nation der Erde. Auf dem Weg zur Industrienation profitiert das Land von diesem Überfluss und vereint zahlreiche Gegensätze. Indien bietet ein Leben zwischen Siedlungen von Wellblechhäusern und modernsten Bürokomplexen mit Solaranlagen auf den Dächern. Ein Leben mit Menschen, die sehr gut ausgebildet, die globale Forschung bereichern und Anderen, die den Alltag ohne Lesen und Schreiben bewältigen. Hinzu kommen die Einflüsse der Religionen und dem fortwährendem Kastendenken.
Den Überblick bewahren: Projektmanagement für Springer Spektrum
Springer Spektrum ist eine Marke der Gruppe Springer DE und somit Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science & Business Media. Die Arbeit im Projektmanagement ist sehr vielfältig und erfordert neben einem guten Gedächtnis für die Besonderheiten eines jeden Titels auch eine systematische Arbeitsweise. Titel planen, die Produktion koordinieren, Informationen an die richtigen Personen weitergeben, Korrekturen übersetzen und dafür sorgen, dass jede Abteilung innerhalb der TAT (turn around time) ihre Aufgabe erledigt. Letzteres war bei dem enormen Workload vor der Frankfurter Buchmesse eine tägliche Herausforderung.
Ich habe den Unterschied zwischen dem zustimmenden und dem ablehnenden Kopfschütteln gelernt, mich an das ständige angeschaut werden gewöhnt und bin regelmäßig mit Freunden und Kollegen ausgegangen. Egal wie viel Spaß es gerade macht, um 23 Uhr schallt es durch die Bars „last order, last order“. Pune bot auch am Wochenende zahlreiche Angebote für Freizeitaktivitäten: farbenfrohe Tempel, die Innenstadt, Museen und das Umland. Bereits das normale indische Straßengeschehen packt den Reisenden, es zieht ihn in seinen Bann und lässt so schnell nicht los. Eintausend Eindrücke prasseln stündlich auf ihn ein und abends ist das erlebte wie ein Traum. Ist mir vorhin wirklich ein Elefant auf der Straße entgegengekommen?Darüber hinaus
Einen wichtigen Beitrag zum interkulturellen Verständnis bot neben der Arbeit in der Druckvorstufe am Zukunftsstandort Indien die Tätigkeit in der Doorsteps School. In dieser Schule werden Kinder von Bauarbeitern betreut. Die Familien leben am Existenzminimum und müssen schon die kleinen Babys morgens abgeben, damit die Eltern zur Arbeit gehen können. So variiert das Alter der Kinder von ca. 8 Monate bis 13 Jahren. Der Geräuschpegel ist nichts für schwache Nerven. Es sind drei kaum abgegrenzte Räume mit ca. 60 Kindern. Die Kleinen vermissen ihre Eltern sehr und brauchen, in einer Gesellschaft in der man Lebensmittel, Kleidung, Spielzeug — einfach alles — teilen muss, auch individuelle Aufmerksamkeit. Die etwas Größeren spielen und singen während die Ältesten nebenan versuchen etwas zu lernen. Alle lassen sich gern mitreißen und schnell für Neues begeistern. Eine Packung Seifenblasen, Masken bemalen, Schiffe basteln und Ballspiele reichten da schon aus. Nüchtern betrachtet haben wir uns nur ein paar Spiele überlegt, einige Englisch Vokabeln vermittelt, Rechnen geübt und gebastelt. Die Kinder haben zum ersten Mal gesehen, wie Indien auf der Karte aussieht, dass Deutschland winzig ist und es ganz schön viel Wasser auf der Erde gibt.
Ein knappes Fazit
Das Praxissemester in Indien war ein Höhepunkt im Rahmen meines Studiums der Buch- und Medienproduktion. Als Mediengestalter war ich mit den gängigen Adobe Programmen bereits vertraut. Im Studium konnte dieses Wissen noch vertieft sowie durch technische, wirtschaftliche und konzeptionelle Kenntnisse ergänzt werden. Die Verlagspraxis in einem global aufgestellten Unternehmen wie Springer SBM kennenzulernen und in einem indischen Unternehmen zu arbeiten, war eine spannende Herausforderung. Ich lernte die indische Arbeitskultur mit dem Bestreben, Vorgaben genau einzuhalten, dem ausgeprägten Hierarchieverhalten und der selbstverständlichen Hilfsbereitschaft kennen. Im hohen Stellenwert der Gemeinschaft gegenüber dem Individuum kristallisierte sich heraus: Ziele können nur gemeinsam erreicht werden.
Die Erfahrungen, die man in einem fremden Land gewinnt, in dem man lebt und arbeitet sind – ohne Zweifel – intensiver und vielfältiger, als die eines Urlaubers. Dem Einsteiger bleibt zu raten: Indien ist vielseitig wie seine Küche von bezaubernd süß bis bedrückend scharf.